FDP Everswinkel Ortsparteitag 2023 – Rechenschaftsbericht –

von Kirsten Heumann, FDP Fraktionsvorsitzende.

Ein ereignisreiches Jahr mit vielen Herausforderungen liegt hinter uns und viele spannende Themen liegen noch vor uns.

Ich will einen kurzen Rückblick, aber auch einen Ausblick aufkommende Themenfelder geben, die in unserer Fraktion immer sehr intensiv und oft auch kontrovers diskutiert werden. Und das ist gut so: Denn das ist gelebte Demokratie. Nichtsdestotrotz waren persönliche Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, Vereinen und Gewerbetreibenden während der Pandemie nur begrenzt möglich und leben erst so langsam wieder auf.

Hier sind wir richtigerweise aus den eigenen Reihen kritisiert worden und wollen mehr Angebote schaffen, um in einen Dialog zu treten. Dagmar hat ja hier schon z.B. eine Ortsbegehung mit Silvia Kirschke am 10.08. genannt, wir treffen uns im Mai mit der IGSE und auch auf dem Vitus-Fest sind wir dieses Jahr mit 2 Anlaufstellen vertreten. Wer also Lust und Zeit hat, uns hier zu unterstützen oder sich einbringen möchte, ist herzlich eingeladen. Aber wir freuen uns natürlich auch über einen regen Gedankenaustausch und nette Gespräche.  Ich denke, dass ich für uns alle spreche, wenn ich behaupte, dass die Reflektionen und Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern besonders wichtig sind.

War meine letzte Rede zum Ortsparteitag noch geprägt von den Eindrücken des Angriffs auf die Ukraine und damit auf die Grundwerte der Demokratie und Freiheit – JA – es ist erst etwas über ein Jahr her – so kann ich sagen: Ich bin stolz auf unsere Gemeinde, die die Herausforderungen hier vergleichsweise gut gemeistert hat, nicht zuletzt durch die vielen ehrenamtlichen Helfer, aber auch die vorausschauende Planung der Verwaltung und das umsichtige Handeln in vielen Bereichen. Wir haben die Festhalle nicht nutzen müssen, wir konnten – egal ob privat oder über die Gemeinde – alle Menschen bedarfsgerecht unterbringen. Auch die Integration in Kitas, Schulen und Vereinen hat besser geklappt als in anderen Gemeinden.

Trotzdem ist es nicht der richtige Zeitpunkt für Verwaltung und Politik sich auf die Schulter zu klopfen. Die Innenkernentwicklung mit den Geschäftsschließungen treiben uns ebenfalls um. Hat das über die Ortsgrenzen bekannte Aushängeschild – das Vitus-Saunadorf – aufgeben müssen, die Bäckerei Schmitz seine Pforten geschlossen, nebenan das Landkaufhaus und jetzt auch noch das Geschäft Föllen zu – Was bleibt dann noch? Es wird zwar von allen immer wieder bekräftigt, den Innenkern beleben zu wollen, aber man kommt hier nur langsam voran. Jetzt hat uns jüngst die Gemeindeverwaltung mitgeteilt, dass das ursprüngliche Ziel, der 30.09.2023, für das ISEK (Integrierte Städtebauliche Konzept) Planvorhaben ebenfalls um 1 Jahr auf den 30.09.2024 verschoben werden muss. Es sei im angedachten Zeitrahmen einfach nicht zu schaffen. Andere Gemeinden ziehen uns hier davon – wir müssen hier Tempo machen, um nicht abgehängt zu werden. Daher haben wir dem Ansinnen der Gemeindeverwaltung auch zugestimmt, personell aufzustocken. Aber man muss das gute Fachpersonal auch bekommen.

Schade ist in diesem Zusammenhang auch, dass im HDG – bisher eine wichtige Anlaufstelle in puncto Integration, Förderung von Jugendlichen und Feriengestaltung – ebenfalls aufgrund der personellen Situation – das Angebot – zumindest temporär – stark eingeschränkt werden muss.

Die Kindergartenplätze waren in diesem sehr knapp. Hier sind wir mit einem „blauen Auge“ davongekommen. Es laufen derzeit Planungen und Gespräche über den weiteren Ausbau – also an neuen Standorten mit neuen Gebäuden. Übergangsweise wird eine mobile Interimslösung im Weidenkorb entstehen.

Die Grundschulen in Alverskirchen und Everswinkel haben sich zu einem Grundschulverbund zusammengefunden. Hier ist man aktuell bei der Namensfindung, wobei alle aufgerufen waren, Vorschläge zu unterbreiten. Ein Gremium aus jeweils „nur“ einem politischen Vertreter jeder Partei, dem Bürgermeister und natürlich mehrheitlich den Schul-/Elternvertretern wird in den kommenden Tagen über die Namensfindung entscheiden.

Der Ausbau der OGS Everswinkel ist seit Jahren ein Thema, weil zum einen an zwei aufeinanderfolgenden Jahren aufgrund der Geburtenrate weitere Eingangsklassen gebildet werden müssen und uns somit 2 Räume fehlen und zum anderen die Betreuungssituation angewachsen ist, so dass auch hier dringender Raumbedarf besteht. Wir hatten zum Ende des Jahres endlich die Meldung bekommen, dass es jetzt bald losgehen kann und rechnen mit einem Baubeginn im Sommer. Im Anschluss dran soll dann auch die Worthstraße wiederinstandgesetzt werden.

Beim Straßenausbau, z.B. der Münsterstraße, werden wir in den kommenden Jahren hohe Ausgaben haben. Immer wieder werden wir von besorgten Bürgerinnen und Bürgern angesprochen, ob das evtl. Auswirkungen auf die Anwohner haben könnte. Hier können wir nach unserem Gespräch mit dem Bürgermeister Entwarnung geben. Seitens der Verwaltung wird angestrebt, Gelder vom Land zu generieren und eben nicht die Anwohner zur Kasse zu bitten. Auch die Straßenendausbaubeiträge – rückwirkend 20 Jahre – wie jüngst von der Landesregierung entschieden – sind in unserer Gemeinde kein Thema.

Da wir gerade bei Ausbauplänen sind: Die Baugrundstücke im neuen Baugebiet Bergkamp III sind schon zu über 50% verkauft bzw. reserviert – und dass trotz der hohen Bau- und Bezugspreise. Aber auch hier gilt für uns das Motto: Nach dem Baugebiet, muss auch wieder vor einem neuen Baugebiet – zumindest perspektivisch – sein. Das Thema Nachverdichtung – und hier natürlich die Überplanungen der bestehenden Gebiete – spielen bei der Ortsentwicklung ebenfalls eine wichtige Rolle. Wir sind eine Wachstumsregion – auch, wenn das der ein oder andere nicht wahrhaben will. Der Druck auf bezahlbarem Wohnraum ist auch in unserer Gemeinde groß. Lassen Sie uns hier vorbereitet sein und was in der Hinterhand haben. Damit vergeben wir uns nichts.

Beim Ausbau von Gewerbegrundstücken scheint es auch voranzugehen. Aber auch hier hat der Bürgermeister signalisiert, dass es noch ein weiter Weg ist, bis die ersten Anfragen von Gewerbetreibenden bedient werden können. Nach dem Grundstückserwerb muss eine Überplanung des Gebiets mit allen erforderlichen Gutachten und Rahmenbedingen stattfinden – es werden also noch einige Jahre ins Land gehen, bevor hier der erste Gewerbebetrieb starten kann. Daher auch hier immer wieder unsere Forderung nach zeitnaher perspektivischer Weiterplanung. Wo wollen wir in 20 oder 30 Jahren stehen? Eine Situation wie jetzt – wo wir Unternehmern kein Angebot machen können – und diese ihre Gewerbesteuern in andere Gemeinden tragen, sollte es nicht mehr geben.

Leider musste das € 1,00 Ticket zwischen Alverskirchen und Everswinkel auslaufen. Hier waren sich alle Parteien einig, dass das schade ist. Aber wir befanden uns hier – so hat man uns glaubhaft erklärt – auf rechtlich unsicherem Boden aufgrund der so genannten Beihilfe, denn es darf lt. Europarecht kein Bürger benachteiligt werden und der RVM und ggf. auch die Gemeinde hätte im Vergleich zu anderen Kommunen und Gemeinden die Bürger*innen unserer Gemeinde bevorteilt.

Auf große Resonanz im Ausschuss stieß auch das Thema: Amprion – Netzausbaupläne – mit zwei Trassen, einmal einer Freileitung und eine Erdkabeltrasse. Um es auf den Punkt zu bringen: Es wird von der Bundesregierung als vorrangiges Planvorhaben angesehen und kann nicht verhindert oder ausgebremst werden. Der Zeitrahmen sieht so aus, dass es ab 2026 in die Detailplanung geht, in 2029 die Bauphase beginnen soll und die Fertigstellung bis 2033 geplant ist. Beide Trassen werden dicht an unserer Gemeinde – evtl. auch zwischen Everswinkel und Alverskirchen – durchgeführt.

Es gibt extrem viele Themenfelder, in die wir uns im vergangen Jahr eingearbeitet haben und die aktuell noch diskutiert werden. Ich könnte jetzt noch stundenlang weitermachen, aber ich würde viel lieber gleich noch in gemütlicher Runde mit dem ein oder anderen reden. Ein Thema, wo wir doch im Vergleich zu den anderen Parteien deutlich anderer Auffassung waren, möchte ich aber noch ansprechen:

Die Überplanung „Alter Ortskern“. Wir selber haben einen Antrag auf Änderung eingestellt und ja, in vielen Punkten ist man unseren Argumentationen gefolgt. Wir haben trotzdem als einzige Partei gegen die Abwägungstabelle gestimmt und uns vorwerfen lassen müssen, dass wir nicht kompromissbereit und populistisch unterwegs seien. Wir hätten hier zu viele Kompromisse eingehen müssen und einige Begründungen waren für uns nicht nachvollziehbar: wie z.B. unsere Anregung beim Putz der Gebäudefassaden nicht nur weiße und Gelbtöne zuzulassen. Nicht, dass wir etwas gegen die Farbe „gelb“ hätten, aber man hat dies mit der Begründung abgelehnt, dass mit dem festgesetzten Farbspektrum aus weißen und hellen Gelbtönen den Bauherren aus Sicht der Verwaltung ausreichende Flexibilität bei gleichzeitiger Sicherstellung eines ästhetischen Rahmens geboten sei. Da halten wir es lieber mit Guido Westerwelle, der einmal gesagt hat:

Wer mir morgens schon erklären will,
was ich frühstücken soll,
welches Auto ich fahre,
wohin ich in den Urlaub zu fliegen hätte,
sprich welchen Lebensentwurf ich leben sollte,
der ist doch nicht liberal!

Und wir haben hier liberal gestimmt!

Wo wir gerade in dem Bereich in Everswinkel sind – hier soll ein Kreisverkehr entstehen. Nicht nur wir – sondern auch viele andere Einwender – insgesamt sind zur Überplanung über 86 Seiten an kritischen Stellungnahmen nur von Bürgerinnen und Bürgern zusammengekommen – unsere nicht mitgezählt –  eingegangen. Wir hatten uns anfangs mit unserer Zustimmung zu dem Thema zurückgehalten, weil wir zunächst das noch ausstehende Sicherheitsaudit und den Kostenrahmen abwarten wollten. Und richtig genug: Das Sicherheitsaudit hat bei den ersten Planungen viele Gefahrenstellen aufgezeigt, so dass seitens des Planungsbüros noch einmal nachgebessert werden musste. Einige kritische Punkte konnten entkräftet werden, aber bei einigen Punkten heißt es z.B.:

Die Gehwegbreite für den Fußverkehr sollte lt. RASt mind. 2,50m entsprechen. Zitat der Gemeinde: Das ist bekannt, kann aber auf Grund des baulichen Bestands nicht verbessert werden.

Im Sicherheitsaudit wurde ebenfalls gerügt: dass das Ablenkmaß von der Bahnhofstraße kommend in Richtung Warendorfer Straße nur ca. 4m beträgt. Die Stellungnahme gemäß Abwägungstabelle: Im Sicherheitsaudit wurde zwar dargelegt, dass das Ablenkmaß aus Richtung Bahnhofstraße mit ca. 4 m zu gering ist und das Zweifache der Breite der Zufahrt empfohlen wird, das ist aber baulich nicht umsetzbar. Und weiter wird angeführt: Da bei der heutigen Ampel-Kreuzung während der Grünphase ein ungebremstes Geradeausfahren möglich ist, wird auch diesbezüglich in der Kreisverkehrsplanung eine Verbesserung gegenüber dem IST-Zustand gesehen.

Da bin ich doch ein bisschen sprachlos gewesen. Bei der Ampelanlage wird die Vorfahrt geregelt und die anderen Verkehrsteilnehmer haben rot – müssen also warten. Der Vergleich hinkt. Jetzt ist es tatsächlich durch die Bauvorgaben so, dass aufgrund der fehlenden Verschwenkung motorisierter Verkehr eventuell schnell in den Kreisverkehr einfahren kann und gleichzeitig aufgrund der fehlenden Bürgersteigbreite aus der Hovestraße kommend schwächere Verkehrsteilnehme, z.B. Senioren auf Scootern oder Radfahrer die gleiche Fahrbahn nutzen müssen, um in den Kreisverkehr einzufahren. – Großer LKW trifft möglicherweise Seniorenscooter –  und das bei einer ebenfalls nicht zu ändernden Sichteinschränkung durch eine Häuserfassade.

Zusätzlich waren es auch die schalltechnischen Untersuchungen, die die Maßnahme für uns in ein kritisches Licht gerückt haben. Lt. Gutachten würde in einigen Bereichen die Lärmbelastung abnehmen, dafür in anderen Bereichen zunehmen. Dabei hatte ein Einwender darauf hingewiesen, dass die Überfahrung der gepflasterten Fahrbahnteiler nicht im Lärmschutzgutachten berücksichtigt worden sei. Gemäß Sicherheitsaudit wird es nämlich notwendig, dass aufgrund der engen Radien beim Ein- und Ausfahren gepflasterte Fahrbahnteiler – mit unterschiedlichen Oberflächen verbaut werden müssen, die auch überfahrbar sind. Dem Einwender wurde von Gemeindeseite geantwortet, dass eine Berücksichtigung im Lärmgutachten nicht erfolgen muss, da die Fahrbahnteiler ja eigentlich nicht überfahren werden sollen. Ja was denn nun? Werden sie überfahren und entsteht dadurch Lärm oder nicht? Hinzu kommt, dass bis heute keine Kostenermittlung aufgrund der angepassten Überplanung vorliegt und man uns auf Nachfrage mitgeteilt hat, dass die Asphaltschicht der Fahrbahndecke bereits nach ca. 10 bis 12 Jahren ausgebessert werden muss. Wir – ebenso wie viele Einwender – haben einfach mehr Nachteile als Vorteile entdeckt und daher unsere Zustimmung hier verweigert.

Ebenfalls nicht zugestimmt haben wir dem Planansatz des Baukörpers im Bereich Overbergstraße / Dr. Pöllmannstraße. Wir sind – und das möchte ich noch einmal betonen – grundsätzlich für die Nachverdichtung und Überplanung des derzeitigen Parkplatzes – Stichwort: Ärztehaus. Wir hatten nur an dieser Stelle ein MU – also urbanes Gebiet – statt des bisherigen MK-Gebiets favorisiert. Unterschied ist, dass hier ganz einfach ausgedrückt der neue Gebäudekomplex 1,50 mehr Abstand und etwas weniger Höhe erreichen sollte. Jetzt kann bis 16,20m Höhe und mit einem Abstand zu einem kleinen Einfamilienhaus von nur 3m gebaut werden. Der Wegfall möglicher Parkplätze – ebenfalls durch die IGSE kritisch gesehen – kommt hinzu. Etwas moderater und im Ganzen etwas reduzierter – damit wären wir und die Nachbarn einverstanden gewesen. Nicht nur der Anwohner mit seinem Einfamilienhaus, sondern auch für den Biergarten kann es aufgrund der erdrückenden Wirkung und massiven Verschattung ungemütlich werden. Wir haben wohlgemerkt nur noch 2 Gaststätten und befürchten, dass der Gastbetrieb – je näher das neue Gebäude rückt – eingeschränkt werden könnte.

Vielleicht noch ein kleiner Ausblick: Wir haben z.Zt. noch zwei offene Anträge:

1. Kenntlichmachung des Fahrradwegs entlang der Freckenhorster Str. Hier haben wir nach einem Hinweis aus der Bevölkerung auf eine Gefahrensituation aufmerksam machen können, die kurzfristig durch eine Beschilderung zur Vorfahrtsregelung entschärft wurde. Hier steht aber noch die endgültige Stellungnahme der Gemeinde aus, denn wir hätten gerne eine farbliche Abgrenzung als deutlich sichtbares Signal bei den Ein-/Ausfahrten für den motorisierten Verkehr.

2. Wir haben einen Antrag für einen frei zugänglichen Boule Platz in Alverskirchen – ebenfalls nach einer Bitte aus der Bevölkerung – gestellt. Auch hierüber wird in den nächsten Sitzungen beraten. Vorweg: Wir haben hier aus der Bürgerschaft Unterstützung bekommen, da zusätzlich ein ähnlicher Antrag eingegangen ist. Es geht uns hier nicht um ein Konkurrenzangebot zum bestehenden Boule Platz, sondern um weitere Begegnungsstätten für Bürgerinnen und Bürger. 

20.4.2023
Kirsten Heumann
FDP Fraktionsvorsitzende im Rat der Gemeinde Everswinkel