Haushaltsrede von Peter Friedrich FDP Fraktionsvorsitzender am 17. Dezember 2019 im Rathaus der Gemeinde Everswinkel
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Seidel,
sehr geehrte Damen und Herren,
Haushaltsrede von Peter Friedrich FDP Fraktionsvorsitzender am 17. Dezember 2019 im Rathaus der Gemeinde Everswinkel
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Seidel,
sehr geehrte Damen und Herren,
1. Einleitung
Als ich zur Vorbereitung meiner diesjährigen Haushaltsrede am Schreibtisch saß, habe ich mir natürlich Gedanken darüber gemacht, ob ich die politisch Andersdenkenden direkt angreife, zumal im kommenden Herbst Kommunalwahlen anstehen und insbesondere die Ortssprecherin der Grünen Frau Marion Schniggendiller mit ihrer Mannschaft über die Homepage aus unserer Sicht zum Teil großen Unsinn verbreitet. Ich habe mich aber entschieden, dies nicht zu tun. Vielmehr wollen wir Liberalen heute, aber auch im Wahlkampf, bei den Bürgerinnen und Bürgern, für liberale Positionen werben, damit unsere Gemeinde auch zukünftig für jung und alt lebenswert bleibt. Wir sollten uns in der Sache streiten, und stets die Worte von Ex-Bundespräsidenten Walter Sheel vor Augen führen:
„Demokratisch ist es, dem Anderen zuzuhören, seine Meinung zu erwägen, das, was einem selbst einleuchtet, zu akzeptieren und gegen das Übrige, unter ständiger Wahrung des Respektes vor der Person des anderen, seine Gegenargumente hervorzubringen.“
2. Ehrenamt
Meine Damen und Herren, auf einer Facebookseite habe ich folgenden Spruch gefunden:
„Ehrenamt ist nicht Arbeit, die nicht bezahlt wird, sondern Arbeit die nicht bezahlt werden kann!“
Für das Gemeinwohl ist das Ehrenamt von immenser Bedeutung. Die Politik und die Verwaltung können die geleisteten Stunden der vielen ehrenamtlichen Helferin und Helfern nicht vergüten. Wir können aber Danke sagen und die Vereine, wo immer es geht, entsprechend unterstützen. Daher begrüßen wir Liberalen, dass im Haushalt Gelder für unsere Feuerwehr eingestellt sind, so dass die gesetzlich vorgegebene Ausrüstung insbesondere mit Fahrzeugen garantiert ist. Hinzu kommen Planungskosten, um den zusätzlichen Raumbedarfen der Feuerwehrhäuser in Alverskirchen und Everswinkel auch zukünftig gerecht werden zu können.
Aber auch der SC DJK Everswinkel verdient unsere Unterstützung. Ja, wir haben vor einem Jahr beschlossen, dass keine gemeindlichen Gelder mehr in die sportliche Infrastruktur fließen sollen. Zu diesem Beschluss stehen wir nach wie vor. Die Verantwortlichen des Vereins akzeptierten den Beschluss und haben sich auf den Weg gemacht , um einen Anbau an das Vitussportcenter inclusive einer neuen Schießanlage mit Eigenmitteln sowie Geldern aus einem Förderprogramm des Landes NRW zu finanzieren. Politik darf aus unserer Sicht nicht nur in Sonntagsreden das Ehrenamt hervorheben, sondern muss aktiv unterstützen. Daher appelliere ich an alle Beteiligten, auf persönliche Animositäten zu verzichten. Wir begrüßen es, dass sich Politik, Verwaltung und der Vorstand des SC DJK Everswinkel Anfang Januar nächsten Jahres an einen Tisch setzen, um gemeinsam nach Lösungen für die noch zu klärenden Grundstücksangelegenheiten zu suchen.
3. Grundschulen
„Gemeinsam Stärken ausbauen!“ Das ist das Motto der Alverskirchener Grundschule. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass einer der Stärken Alverskirchens die kleine Dorfschule ist. Wir Liberalen möchten daher an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass wir den Schulstandort in Alverskirchen mit der flexiblen Übermittagsbetreuung unter allen Umständen erhalten wollen. Dieses Ziel können wir allerdings nur Erreichen, wenn Politik, Verwaltung, die Lehrerkollegien beider Grundschulen und nicht zuletzt alle Eltern in unserer Gemeinde gemeinsam an einen Strick ziehen.
Aber auch die Grundschule in Everswinkel braucht unsere vollste Unterstützung. Herr Bürgermeister Seidel, mit der Einstellung von Finanzmitteln für Planungskosten, um die zusätzlichen Raumbedarfe der Offenen Ganztagsbetreuung decken zu können, rennen Sie bei uns offene Türen ein.
4. Wohn- und Gewerbegebiete
Ein deutsches Planungsbüro für Stadtentwicklung hat die Aussage getroffen:
„Bevölkerungs- und Siedlungswachstum kann nur sinnvoll und nachhaltig sein, wenn es die örtlichen Qualitäten erhält, die Infrastruktur nicht überfordert und die Spielräume der öffentlichen Hand nicht einschränkt.“
Meine Damen und Herren, wenn Politik und Verwaltung diesen Satz zur Prämisse ihres Handels macht, dann setzen wir Liberalen für unsere Gemeinde auf Wachstum! Wir sollten daher weiterhin den Wunsch junger Familien nach Eigenheimen durch Nachverdichtung, aber auch durch eine maßvolle Ausweisung von Neubaugebieten am Ortsrand befriedigen. Wir müssen mit Blick auf eine alternde Gesellschaft zudem insbesondere in Ortskern naher Lage Wohnbedarfe für ältere Menschen mit neuen Wohnkonzepten realisieren. Und ferner dürfen wir unsere Flüchtlinge mit Bleibeperspektive, unsere jungen Menschen, die eine Einsteigerwohnung suchen und nicht zuletzt alle Bürgerinnen und Bürger mit einem kleineren Geldbeutel nicht vergessen und ihnen ein Angebot an bezahlbaren Wohnungen in Mehrfamilienhäusern machen.
Die Menschen in unserer Gemeinde müssen aber auch Arbeit finden. Deshalb ist es richtig, dass im Haushalt Gelder für die Ausweisung neuer Gewerbeflächen bereitgestellt werden, denn Betriebe vor Ort zahlen Steuern und leisten dadurch einen wesentlichen Beitrag für die Zukunft einer Gemeinde. Wenn Sie dann noch Herr Bürgermeister Seidel, den Wunsch vieler Gewerbetreibenden auf eine aktivere Wirtschaftsförderung durch Unterstützung bei Behördengängen etc. nach kommen, sind wir aus unserer Sicht gut aufgestellt.
5. Klimaschutz
Meine Damen und Herren, Klimaschutz ist aus unserer Sicht ein globales Problem und muss weltweit angepackt werden. Aber auch wir vor Ort können und sollten unseren Beitrag zu einem besseren Klima leisten. Da sind wir uns wohl alle einig. In den letzten Wochen gab es viele Vorschläge, die ich stichpunktartig aufzählen möchte: Klimanotstand ausrufen, Nist- und Futterkästen für Vögel anbringen, Blühstreifen für Insekten realisieren, Gemeindeflächen für die Anpflanzung von Bäumen suchen, Bonus für Strombezieher, die Stromverbrauch reduzieren, Blockheizwerk im Baugebiet Bergkamp 3, und vieles mehr. Wir Liberalen sagen hier eindeutig, jeder Vorschlag war gut gemeint, aber längst nicht alle Vorschläge waren bis zum Ende durchdacht. Hinzu kommt, dass wir, also Politik und Verwaltung, an Taten gemessen werden. Die Umsetzung einer Idee durch die Gemeinde muss vorbereitet werden und benötigt Zeit sowie Personal. Daher waren wir Liberalen froh, dass es uns in der letzten Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses gelungen ist, gemeinsam die vielen Ideen zu bündeln und zu kanalisieren. Wir sollten aber aktiv auf die Menschen, Vereine, Schulen, Kindergärten, etc. in unserer Gemeinde zugehen und um Unterstützung werben, denn Klimaschutz geht uns alle an.
Aus unserer Sicht müssen wir ein besonderes Augenmerk auf die Stärkung sowie den Ausbau des ÖPNV legen. Die Attraktivität des ÖPNV ist nicht allein eine Frage des Tarifs, vor allem geht es um ein gutes Angebot: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Platzverfügbarkeit, Anschlusssicherung und eine durchgängige Reisekette für Pendelnde. Hinzu kommt die möglichst einfache Erreichbarkeit von Stationen und Haltestellen zu Fuß, da der Zugang von der überwiegenden Zahl der Reisenden derzeit auf diesem Wege erfolgt. Ein unkompliziertes Umsteigen an Stationen vom Fahrrad auf den Bus ist zudem besonders wichtig. Für unsere Gemeinde bedeutet dies konkret, dass wir in Absprache mit dem RVM sowie den Tarifgemeinschaften das Busangebot erweitern sollten. Wir dürfen insbesondere den Wunsch der Alverskirchener, besser an die Schnellbuslinie nach Münster – Warendorf angebunden zu werden, nicht aus den Augen verlieren. Wir sollten ferner darüber nachdenken, die Fahrradstationen an unseren Bushaltestellen auszubauen.
6. Haushaltssituation und Steuern
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie alle kennen das. Sie sitzen beim Zahnarzt im Stuhl, den Mund weit geöffnet, der Mann im weißen Kittel bohrt einen Zahn und fängt an zu erzählen. Sie hören interessiert zu, es bleibt allerdings beim Monolog, denn sie als Patient können ja nicht antworten. So ist es mir vor einigen Wochen auch ergangen. Mein Zahnarzt erzählte mir, dass er Besuch von auswärtigen Freunden hatte. Er zeigte Ihnen unser Dorf (Kindergärten, Schulen, Sportstätten, Haus der Generationen, DRK-Heim, etc.). Nicht zuletzt auch der Zustand der Straßen sowie der Gebäude im Ort veranlassten seine Freunde zu der Schlussbemerkung: „Mensch bei Euch in Everswinkel ist die Welt noch in Ordnung!“
Zur Zustandsbeschreibung unseres Ortes gehört aber auch, dass unsere Haushalte bis vor zwei Jahren defizitär waren und wir Eigenkapital verzehren mussten.
Wir haben das Geld aber nicht mit vollen Händen ausgegeben. Ursächlich hierfür war insbesondere die chronische Unterfinanzierung der Kommunen und nicht zuletzt die ständig steigenden Kosten für die zu erfüllenden Pflichtaufgaben (Kosten für Flüchtlinge, Sozialkosten, Betriebszuschüsse an unsere Kindergärten, Schülerbeförderungskosten, etc.).
Wir haben stets sparsam gewirtschaftet und die Personalkosten möglichst gering gehalten. Wir haben uns sicherlich auch einiges geleistet. In den letzten Jahren lag unser Fokus aber auf den Erhalt der bestehenden Infrastruktur. Hinzu kommt, dass wir durch eine interkommunale Zusammenarbeit Synergien gebündelt und Kosten der Gemeinde zumindest gedeckelt haben.
Dieser Weg war richtig und wird auch in dem Haushalt 2020 fortgesetzt.
Wenn jetzt meine Redezeit abgelaufen wäre, würde ich sicherlich auch Applaus von der Mehrheitsfraktion CDU bekommen.
Ich bin aber noch nicht am Ende meiner Rede. Wir Liberalen haben den Wählerinnen und Wählern, wie übrigens auch die CDU, versprochen, auf Steuererhöhungen zu verzichten. Und wie sieht die Bilanz in den letzten Jahren unter Bürgermeister Sebastian Seidel aus: für das Jahr 2016 keine Steuererhöhung, Hebesätze der Gewerbe- und Grundsteuern blieben unter dem fiktiven Hebesatz des Landes; 2017 Hebesätze wurden auf Landesschnitt angehoben und die Hundesteuer um 22 Prozent erhöht; 2018 keine Erhöhung; 2019 deutliche Erhöhung der Hebesätze über dem Landesschnitt. Der Bürgermeister hat in letztjährigen Rede erklärt: „Eine Anhebung der Hebesätze um 80 Prozentpunkte hätte für den Durchschnittshaushalt Mehrausgaben von ca. 65 € per annum zur Folge. Das sind pro Monat Mehrausgaben von ca. 5,50 €. Dafür bekommt man nicht einmal eine ganze Pizza Margherita!“
Für das kommende Jahr ist keine Steuererhöhung vorgesehen. Die Hebesätze für die Gewerbe- und die Grundsteuern liegen aber nach wie vor über dem Landesschnitt. Zudem steigen die Müllgebühren um 11 Prozent. Und schon wieder können die Bürgerinnen und Bürger eine Pizza weniger essen.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der Haushaltsberatungen ist uns immer wieder gesagt worden, dass der Haushalt für das kommende Jahr vorsichtig konservativ aufgestellt wurde. Dies bedeutet aus unserer Sicht, dass der eine oder andere Puffer eingebaut und das prognostizierte Defizit geringer ausfallen dürfte, als geplant. Und hier gibt es dann halt doch einen Unterschied zwischen CDU und FDP.
Die Gemeinde Everswinkel hat in den letzten zwei Jahren in Folge Rekordeinnahmen an Gewerbesteuern erzielt. So konnte für dieses Jahr ein Überschuss von ca. 500.000 € erwirtschaftet werden.
Doch die Everswinkeler GroKo zeigte sich im Hauptausschuss nicht gesprächsbereit und wies eine Reduzierung der Hebesätze auf Landesdurchschnitt zurück. Selbst eine Senkung der Grundsteuer B, wie von den Grünen vorgeschlagen, wurde kategorisch ausgeschlossen.
Meine Damen und Herren, die öffentlichen Haushalte verwalten das Geld der Bürgerinnen und Bürger. Es hätte genügend finanzielle Spielräume gegeben, den vielen fleißigen Bürgerinnen und Bürgern sowie Gewerbetreibenden, die den Karren in unserem Land ziehen müssen, etwas zurückzugeben. Eine Steuersenkung wäre ein Signal an den Mittelstand gewesen. Diese Chance wurde aus unserer Sicht vertan, so dass wir den Haushalt für das Jahr 2020 ablehnen.
Erich Kästner hat einmal gesagt:
Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen!
In diesem Sinne lassen Sie uns nicht klagen, sondern gemeinsam die vor uns liegenden Aufgaben zum Wohle der Gemeinde lösen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!