Kurs halten und keine heiligen Kühe

Ein „super Team“, das harmonisch, konstruktiv und auf einer Linie zusammenarbeitet, und im Mittelpunkt jeder Entscheidung stehe der Bürger – Dagmar Brockmann eröffnete als Vorsitzende den FDP-Ortsparteitag am Montagabend im Landhaus Bisping mit viel Lob.

Aus dem Team griff sie dabei Kirsten Heumann heraus. Nicht ohne Grund: Die bisherige Beisitzerin wurde bei den vom Ehrenvorsitzenden Ulrich Hoyer unterhaltsam geleiteten Vorstandswahlen zur neuen stellvertretenden Ortsvorsitzenden gewählt und rückt für Marcus Backes nach, der aus persönlichen und beruflichen Gründen eine politische „Auszeit“ einlegt. Zum neuen Beisitzer wurde Burchard Schlüter gewählt.

In ihrem Rückblick teilte die Ortsvorsitzende auch einen Seitenhieb in Richtung der SPD aus. „Ich frage mich immer, wie die SPD behaupten kann, dass sie den Königskamp will und gleichzeitig permanent dagegen vorgeht.“ Der jüngste SPD-Antrag im Planungsausschuss bezüglich der Umwandlung der Grundstücke in Mehrgenerationswohneinheiten – für die überhaupt kein Bedarf absehbar sei – belege „deutlich, dass die SPD dieses Baugebiet gar nicht will“. Die Liberalen indes seien weiter überzeugt, dass es „an der richtigen Stelle ist. Alverskirchen braucht dieses Baugebiet, um jungen Familien ein Zuhause zu bieten“.

Während Brockmann viele verbale Blumen verteilte, überreichte ihr Fraktionschef Peter Friedrich echte für ihr „überaus großes Engagement“ und zum jüngsten Geburtstag. Friedrich setzte drei Schwerpunkte in seinem Bericht aus der Fraktion. Nach dem Rückzug von Ludger Banken hätten die Liberalen „keinen ,eigenen‘ Bürgermeister mehr“. Der als Kandidat ins Auge gefasste Wunschkandidat – Verwaltungsfachmann und „Kenner der Everswinkeler Szene“ – habe aus familiären Gründen eine Bewerbung in diesem Jahr ausgeschlossen. „Nur einen Zählkandidaten ins Rennen zu schicken, hätte keinen Sinn gemacht“.

Aus der zunächst erwarteten „One-Man-Show von Sebastian Seidel“ sei mit dem Einstieg von Einzelbewerber Karsten Fögeling, der „sicherlich den Laden auch aufmischte“, ein spannender Wahlkampf geworden. Mit einem Wahlergebnis, „was ich persönlich nicht erwartet hätte und was mich – da bin ich ehrlich – auch zum Nachdenken gebracht hat“. Die FDP werde das Gespräch mit dem neuen Bürgermeister suchen und ihn bei Gemeinsamkeiten im Interesse der Gemeinde unterstützen. Gleichzeitig versprach Friedrich, dass die Liberalen „Kurs halten“ und notfalls auch Verwaltungsvorlagen im Gemeinderat ablehnen.

Oberstes Ziel sei die Vermeidung der Haushaltssicherung, die einer Entmündigung des Rates gleichkäme. „Die Haushaltssituation bleibt kritisch“, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund drastisch steigender Ausgaben für Asylbewerber. Deshalb gelte es mehr denn je, nicht absolut notwendige Ausgaben zu vermeiden. Das bedeute, dass etwa eine Erweiterung des Sportstättenangebotes derzeit nicht vorstellbar sei und man bei der Suche nach Sparpotenzialen auch vor „heiligen Kühen“ wie dem defizitären Vitus-Bad keinen Halt machen dürfe. Eine etwaige Entscheidung über eine Schließung des Bades sollte dann aber „von allen Bürgern in Form eines Bürgerentscheids getroffen werden“.

Was die Flüchtlingsproblematik angeht, „stehen wir vor der größten Herausforderung, die wir in Deutschland je zu meistern hatten“. Friedrich betonte, dass man Menschen, die vor Krieg und Hunger flüchten, helfen müsse. „Deutschland kann und darf sich nicht abschotten.“ Um Menschen in Deutschland die Angst vor Überfremdung und Überforderung zu nehmen, seien auf allen Ebenen Gespräche zu führen und Lösungen zu finden. Die möglichst schnelle Integration von Flüchtlingen biete jenseits der aktuellen Probleme auch Chancen für die Zukunft. Sorgenvoll registriert Friedrich zunehmende fremdenfeindliche Äußerungen im Land. „Ich finde, hier sollten alle Demokraten zusammenstehen und sich vehement zur Wehr setzen.“ Die Gemeinde jedenfalls betreibe ein „sehr gutes Krisenmanagement“.

Von Klaus Meyer, WN 21.10.15