Peter Riggers, FDP, stellvertr. Bürgermeister der Gemeinde Everswinkel: Gedenkrede zum Volkstrauertag am 15.11.15

Friede, Freiheit, Menschenwürde, Demokratie,

4 Worte, 38 Buchstaben und die wichtigsten Grundlagen für unser unbeschwertes und größtenteils sorgloses Leben.

Unbegreiflich daher immer wieder aufs Neue:
Warum führt der Mensch Kriege ?
Warum sieht die Menschheit nicht ein, dass ein Krieg nur Leid und Verlust mit sich bringt ?
Warum sehen die Menschen nicht ein, dass ein Krieg nur Verlierer kennt ?Warum lernt er nicht daraus und versucht Probleme auf einen anderen, friedlichen Weg zu lösen, ohne dabei meist unschuldige Menschenleben zu opfern ?

Sehr geehrte Damen und Herren, vor über 100 Jahren brach der erste Weltkrieg und der bis dahin grauenvollste und leidvollste Krieg überhaupt aus. Erich Maria Remarque beschreibt in seinem Roman „Im Westen nichts Neues“ eindrucksvoll, wie dieser Krieg eine ganze Generation zerstörte. Man sollte meinen, dass der Mensch den Fehler, einen Krieg zu provozieren, kein zweites Mal macht.

Doch bereits 21 Jahre nach dem Ersten folgte bereits der Zweite Weltkrieg. 50 Millionen Menschen verloren dadurch ihr Leben. Es ist nicht zu übersehen, welche Angst, welche Zerstörung und welchen Schmerz jeder bewaffnete Konflikt mit sich brachte und auch heute mit sich bringt. Jeder Krieg war und ist grausam, und es ist egal, wann und wo er stattfindet, er fordert immer Opfer. Aufgewachsen in einem friedlichen Land, in einer friedlichen europäischen Union, fällt es vor allem jüngeren Menschen schwer, sich Krieg, Leid und Elend vorzustellen. Das Leid der Hinterbliebenen, seien es Verwandte oder Freunde, kann von Menschen, die selbst keine Erlebnisse oder Erfahrungen auf diesem Gebiet haben, schlecht beschrieben werden. Jedes einzelne Wort mit dem wir versuchen, dass Leid dieser zu verstehen und anzunehmen, kann dem tatsächlich Erlebten nie gerecht werden. Aber wir stehen heute hier, um ein Zeichen zu setzen. Wir wollen den Verlust geliebter Menschen betrauern oder einfach für die Trauernden da sein, den Verstorbenen und Hinterbliebenen Respekt erweisen.

Wir müssen heute dankbar sein für den Frieden in Europa. Wir können uns heute ohne Angst vor Minen frei in der Natur bewegen, jeden Morgen mit dem Fahrrad zur Schule oder zur Arbeit fahren und ohne Schuss- und Granatgeräusche ins Bett gehen. Wir können unseren Interessen nachgehen, ohne die Angst, den Tod hautnah spüren zu müssen.

Aber seien wir wachsam: Die schrecklichen Terroranschläge in Paris zeigen, wie schnell sich die Situation ändern kann. Wir dürfen aber auch nicht die Abermillionen Menschen vergessen, welche immer noch in Kriegsgebieten wie z. B. im Nahen und Mittleren Osten oder im Osten der Ukraine unter elenden Bedingungen leben müssen. Nach Angaben der UNO haben 60 Millionen Menschen weltweit ihre Heimatorte wegen Krieg und Gewalt verlassen. Sie sind auf der Flucht. Das ist die größte Flüchtlingskatastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg. Diese weltweit zunehmenden Konflikte müssen wir bewusst wahrnehmen und deren zerstörerische Macht und Gewalt erkennen. Nur so können wir auf eine bessere Zukunft hinarbeiten. Und diese Zukunft fängt bei uns an, bedeutet auch bei uns Verantwortung.

Die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen, wenn ich sehe wie Mitmenschen Kriegsflüchtlinge hier in Deutschland behandeln, lassen sich nur schwer in Worte fassen. Hilfssuchende werden lediglich als Problem, als Last betitelt, sogar beschimpft und bespuckt und als Dreck bezeichnet. Oft zeigt sich fehlendes Verständnis für all diese Flüchtlinge, die Tod, Leid und Hunger erfahren haben, die die Flucht auf unseren sicheren Kontinent überlebt haben. Geben wir diesen Menschen eine faire Chance in unserem Land !!!

Der Volkstrauertag dient in seinem Ursprung dem Zulassen von Trauer. Er gilt aber auch als Mahnung, um weitere Kriege zu vermeiden, indem die Erinnerungen an die Vergangenheit wachgehalten werden. Er soll uns zu einer friedlichen Welt und einer friedlichen Zukunft für alle bringen. Es ist die Aufgabe aller Bürger dieses Landes, sich auf dem Weg dorthin nicht nur von anderen leiten zu lassen, sondern die herrschenden Zustände strikt zu hinterfragen und den eigenen Verstand zu benutzen.

Lasst uns die Erinnerung wachhalten und nicht vergessen, dass auch in Deutschland einmal ein grausames Chaos herrschte. Lasst uns denen helfen, die trauern und denen, die nicht das Glück haben, in Frieden und Freiheit zu leben, die nicht in einer Demokratie leben, die die Menschenwürde garantiert. Meine Damen und Herren,

– in Gedenken an die Opfer von Gewalt und Krieg.

– in Gedenken an die Soldaten, die in den Weltkriegen starben.

– in Gedenken an die Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

– in Gedenken an die Menschen, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert eingestuft wurde.

– in Gedenken an die Menschen, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben.

– in Gedenken an die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, der Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, der Bundeswehrsoldaten und anderer Eisatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

– in Gedenken an die, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind,

bitte ich alle Anwesenden, sich für eine Schweigeminute von den Sitzen zu erheben.

Ich bedanke mich.